Badminton Open Saarbrücken

International 2021.07.30

Kevin Cordon aus Guatemala träumt vom Halbfinale

Kevin Cordon aus Guatemala träumt vom Halbfinale
Überwältigt von den Emotionen: Kevin Cordon [Foto/LIVE: BadmintonPhoto]
Von BERND-VOLKER BRAHMS
Als es geschafft ist, da stößt Kevin Cordon gleich mehrere Urschreie im leeren Musashino Forerst Sports Plaza aus. Der 34-jährige Mann aus Guatemala lebt seinen olympischen Traum und steht im Viertelfinale.
Im Achtelfinale konnte er den Niederländer Mark Caljouw mit 21:17, 3:21, 21:19 besiegen. Und genau das hat ihn dann zu den Urschreien bewegt, ehe er sich in die Arme seines indonesischen Trainers warf.

„Ich komme aus einem Land, wo Badminton keine Bedeutung hat“, sagt Kevin Cordon. Entsprechend schwer seien seine Rahmenbedingungen fürs Training und auch die Turnierteilnahmen. „Um mit diesen Leuten hier auf einer Höhe spielen zu können, muss ich mit dem Herzen spielen“, sagt der Südamerikaner. Er kenne viele Teilnehmer nur von Youtube. Für ihn sei es nicht möglich, regelmäßig in Europa oder in Asien zu spielen. Er habe zwar auch schon mal darüber nachgedacht, wie sein brasilianischer Kompagnon Ygor Coelho in Dänemark zu trainieren. Aber das sei nicht nur eine finanzielle Frage. Er setze auf die Unterstützung von Freunden zu Hause in Guatemala, das Umfeld dort sei ihm wichtig, genauso wie seine Familie. Seine Trainingspartner würden ihm mit Spielsituationen wie "eins gegen zwei" und "eins gegen drei" sehr helfen. Er mache das beste daraus und erarbeite sich alles sehr hart.

„Ich komme aus einem kleinen Dorf. Badminton hat mein Leben verändert“, sagt Kevin Cordon. Er könne mit seiner Sportlerkarriere auch die Eltern finanziell unterstützen und ihnen die Gesundheitsversorgung bezahlen. In seinem Land sei zwar Fußball der alles entscheidende Sport, aber trotzdem gebe es Strukturen im Land, die ihm den Badmintonsport als Profi erlauben würden. Apropos Fußball. Sein Vater war ein großer Fan des englischen Fußballspielers Kevin Keegan und so sei er auch zu seinem Vornamen gekommen.

Die Qualifikation hat er sich über Turniere in Brasilien, Peru, Jamaika, Surinam und Mexiko und Santo Domingo gesichert. Im Mai war er aber auch in Europa, nahm in Österreich und in Polen an Meisterschaften teil. Die Qualifikation sollte unbedingt klappen. Er ist nun Nummer 59 der Weltrangliste und konnte sich als Nummer 25 der „bereinigten Liste“ tatsächlich noch einmal qualifizieren.

Für den 34-Jährigen aus La Union sind es in Tokio bereits die vierten Olympischen Spiele, erstmals in Peking. Schon in London hatte er die Gruppenphase überstanden und konnte ins Achtelfinale einziehen. In Rio de Janeiro musste er nach einem Spiel leider verletzungsbedingt aufgeben. Und so feiert er noch mal die Teilnahme bei den Spielen in Japan. „Wir Sportler aus Guatemala sind eine große Familie“, sagt er. Alle leiden und jubeln mit. Seine Eltern hätten seinen grandiosen Sieg und den Einzug ins Viertelfinale nicht gesehen. „Die sind zu nervös“, sagt Cordon. Sein Bruder würde die Spiele verfolgen.

Am liebsten würde der Südamerikaner natürlich in der Runde der letzten Acht in Tokio noch einmal eine Überraschung gegen den ungesetzten Koreaner Heo Kwanghee hinlegen. Der Asiate hatte in der Gruppe den desolat aufspielenden Turnierfavoriten Kento Momota aus dem Turnier geworfen und ist - zumindest auf dem Papier - keine überragende Spielerpersönlichkeit und somit vielleicht keine unüberwindbare Hürde. Kevin Cordon seinerseits hatte den an Position acht gesetzten Ng Ka Long Angus aus Hongkong mit 22:20, 21:13 besiegt und den Einzug in die K.o.-Runde gesichert.

Kevin Cordon kennt nicht nur die Turniere in Süd- und Mittelamerika. Bei Weltmeisterschaften ist er regelmäßig dabei, zumeist ist in Runde eins Schluss. Einmal aber konnte er schon einmal die ganz große Bühne betreten. Genau zehn Jahre ist das jetzt her. Da war er bei den Weltmeisterschaften 2011 in London dabei – und musste in der ersten Runde gegen den späteren Olympiasieger und auch Weltmeister Chen Long aus China antreten. Und es blieb nicht nur beim Antreten. Der Südamerikaner brachte das Kunststück fertig, den damals an Position fünf gesetzten Chinesen mit 21:19, 8:21, 27:25 zu besiegen. Mit weiteren Siegen über den Schweden Henri Hurskainen und den Spanier Pablo Abian erreichte Kevin Cordon das Viertelfinale. Erst dort unterlag er dem topgesetzten Malaysier Lee Chong Wei mit 7:21, 13:21. In Tokio möchte er nun noch einen Schritt weiter gehen und am liebsten einmal im Leben das Halbfinale erreichen. „Das wäre ein Traum.“ Er wird wieder mit vollem Herzen am Samstag dabei sein.


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